Ultra laufen?

Immer wieder kommt die Frage, wie man sich auf einen Ultra vorbereitet. Daher habe ich hier meine ganz persönlichen Erfahrungen nach fast 30 Ultras verewigt, die keinesfalls abschließende Weisheiten sein sollen.

Für Strecken bis zum Marathon findet man überall Trainingspläne und Tipps, für längere Strecken dagegen kaum. Gerade im Ultrabereich halte ich es aber auch für gefährlich, anonyme Trainingspläne stur abzuarbeiten, ohne auf den eigenen Körper zu achten, welche Belastungen er verträgt.

Voraussetzung um einen Ultralauf anzugehen, sollte das erfolgreiche Absolvieren einiger Marathons in den Vorjahren sein. Dabei hat man gelernt, wie der Körper auf die Belastungen reagiert. Man weiß aber auch mit dem mentalen Problem umzugehen, wenn die Erschöpfung eintritt und noch viele Kilometer zu laufen sind.

Der Schritt vom Halbmarathon zum Marathon ist größer als vom Marathon zum kürzeren Ultra. In der Vorbereitung des Marathons gilt es vor allem den Fettsäure-Stoffwechsel zu trainieren. Für eine Halbmarathonstrecke verfügt der Körper über ausreichend Glykogen (Kohlenhydrate) als 'Energiespeicher. Individuell unterschiedlich gehen diese Vorräte nach 2-3 Laufstunden zur Neige. Die langen Läufe in Vorbereitung eines Marathons dienen dazu, den Körper daran zu gewöhnen, nun verstärkt auf die eingelagerten Fette zurückzugreifen. Hat der Läufer dies nicht trainiert, verweigert der Körper die Nutzung dieser Energiequelle und es kommt der „Mann mit dem Hammer“. Eine derartige Barriere gibt es jenseits des Marathons nicht.

Die Barriere ist eher im Kopf und diese zu überwinden nicht weniger schwer. Als Einstieg in den Ultrabereich ist ein 6-Stunden-Lauf gut geeignet. Es klingt zwar etwas verrückt, sechs Stunden auf einer Runde, die meist nur 1-2 km lang ist, zu laufen. Doch hat es viele Vorteile. In den sechs Stunden läuft und geht man so viele Runden, wie man schafft. Hört man vor Ablauf der 6 Stunden auf, kommt man mit der erreichten Strecke in die Wertung. Dass man in jeder Runde an der Verpflegungsstelle und an seiner vorher platzierten Tasche vorbei kommt, ist ein weiterer Vorteil. Zudem ist man auch bei kleinen Veranstaltungen nie allein. Zwischen den sich immer wieder gegenseitig überholenden Läufer entsteht dabei eine besondere Verbundenheit. Ich habe schon viele Läufer erlebt, die bei solch einer Veranstaltung weiter gelaufen sind, als sie jemals gedacht hätten. Meinen ersten 6er habe ich hier beschrieben.

Natürlich kann man als Einstieg auch einen 50 km Straßenlauf wählen. Dafür dürften sich eher ambitionierte Läufer entscheiden, die ein bestimmtes Zeitziel haben. Allerdings sind solche flachen Straßenläufe im Ultrabereich die Minderheit. Typischer sind Landschaftsläufe in mehr oder minder profiliertem Gelände über schiefe Distanzen. Der Supermarathon beim Rennsteiglauf ist dafür eines der bekanntesten Beispiele.

Das Training für einen 6-Stundenlauf oder einen 50 km Lauf unterscheidet sich nur wenig vom Marathon. Je nach Voraussetzungen und Ziel werden in den Trainingswochen lange Läufe und schnelle Einheiten kombiniert.

Für längere Ultraläufe ist die über Jahre gesammelte Lauferfahrung und die Laufleistung der letzten 6 - 12 Monate wichtig. Wer z.B. im Mai 72 km über die Berge auf dem Rennsteig laufen will, dem hilft es, im Herbst ein bis zwei Marathons absolviert zu haben und auch im Winter nicht auf regelmäßige Läufe um die 25 km zu verzichten.

12 Wochen vor dem Lauf sollte man einen Marathon laufen können. Die folgenden Wochen kann man sich an einem Marathontrainingsplan orientieren. Dabei würde ich Tempoeinheiten reduzieren oder langsamer laufen und dafür die Kilometerumfänge gegenüber der Marathonvorbereitung erhöhen. Ein Wochenumfang, der der Strecke des angepeilten Ultras entspricht, ist aus meiner Erfahrung etwa notwendig, um beim Wettkampf im Mittelfeld anzukommen. Welche Umfänge man letztlich läuft, hängt von den eigenen Ambitionen, der Belastbarkeit des Körper und der verfügbaren Zeit ab.

Ich habe gute Erfahrungen gemacht ca. 4 und 8 Wochen vor dem Hauptwettkampf einen Marathon oder kürzeren Ultra „gemütlich“, also ohne Zeitziel, zu laufen. Empfohlen werden häufig sogenannte Doppeldecker, also zwei lange Läufe z.B. über 30 und 25 km an einem Wochenende. Vorteil ist, dass die körperliche Belastung weniger groß ist, als bei einen Trainingswettkampf über 55 km. Ich selbst habe Motivationsprobleme für zwei lange Läufe am Wochenende und bevorzuge die Atmosphäre eines Trainingwettkampfes als Abwechslung.

Ein Ultra zu laufen, ist keine Hexerei. Es gibt letztendlich vor allem zwei Voraussetzungen: körperliche Stabilität und viele Laufkilometer über Monate und Jahre. Neulinge beim Ultralauf sind vor allem über die entspannte Atmosphäre beim Lauf überrascht, denn für die meisten Läufer ist „in Würde ankommen“ schon ein ausreichendes Ziel.

Udo hat auf seiner Seite eine fundierten Einstieg in das Ultratraining gegeben (im Menü links:  Themen Ultralauf).